CO² Bepreisung – über eherne Gesetze und veränderbare Verhältnisse

Es gibt keine öffentliche Diskussion mit grünen Politikern, in der nicht vorgehalten wird, welche fatalen Auswirkungen die höhere CO² Bepreisung für die ländliche Umgebung, ehrenamtlich tätige Personen etc. hätte. Tenor immer: Wenn das noch weiter steigt, kann ich mir Autofahren nicht mehr leisten.

Das verwundert etwas, wenn man auf die Benzinpreisentwicklung der letzten anderthalb Jahre sieht. Nach der ADAC Statistik lag der Literpreis für Superbenzin E10 im Mai 2020 bei 1,17 €. Im Laufe des Sommers stieg er nicht über 1,25 €, und lag dann im November bei 1,20 € und im Dezember bei 1,23 €. Zum 1. Januar trat dann eine erste Stufe der CO² Bepreisung in Kraft, dies führte zu einer Erhöhung um 7Ct pro Liter, die Benzinpreis hätte wegen der Erhöhung also auf 1,30 € steigen müssen. Wahrscheinlich müssten die Mineralienkonzerne mal Leute einstellen, die rechnen können, zumindest stieg der Preis im Januar auf 1,35 €, im August lag er bei 1,55€, ist also auch ohne weitere CO² Bepreisung höher gestiegen, als die geplante stufenweise Erhöhung bis 2025 (bis dahin sollen gegenüber dem Stand vom 1.1.2021 noch mal weitere 0,12€ pro l hinzukommen). Nach den Plänen der Grünen soll diese Erhöhung schon zu Anfang 2023 eintreten. Jeder weiß auch, dass zwischen den Preisen am Morgen und am Abend oft Differenzen von 8 Ct liegen. Was können wir daraus lernen?

Corona und andere Gesetze

„Die niedrigen Preise im letzten Jahr sind coronabedingt“ Wieso, hatte das Benzin Corona und war deshalb unverkäuflich? Die Lockdowns führten zu einem Nachfragerückgang und daher zu sinkenden Preisen. Warum also preisen die Hohepriester des Marktes (FDP) nicht die Preiserhöhung für Benzin, die dann zu einem Rückgang der Nachfrage und damit auch wieder zu sinkenden Preisen führt? Effekte, die man im Übrigen früher auch schon mal bei der Erhöhung der Mineralölsteuer beobachten konnte. Es spricht also viel dafür, dass durch eine sinkende Nachfrage zumindest ein Teil der CO² Erhöhung wieder eingespart wird.

Viel interessanter ist allerdings die Frage, warum sich die Wut eigentlich gegen die Grünen und nicht gegen die Mineralölkonzerne richtet. Selten ist so offenkundig, wie Konzerne ihre kollektive Marktmacht missbrauchen. Warum geht – wie bei einem funktionierenden Markt zu erwarten – der Preis bei Shell nicht hoch und bei Aral runter? Warum weiß ich, wenn ich den Preis bei einer dieser Tankstellen ablese und kurz danach bei meiner Ecke bei meiner „freien“ Tankstelle vorbeikomme, dass dort der Preis 1Ct niedriger ist? Die Unverschämtheit, mit der jeweils zu Ferienbeginn die Benzinpreise steigen, müsste doch eigentlich zur Wut führen. Warum nimmt niemand da das böse Wort „Enteignung“ in den Mund.

Offensichtlich haben die Priester der Religion des Marktes es geschafft, weithin den Gedanken zu verbreiten, dass diese Ausbeutung der Kunden durch die Mineralölkonzerne ein ehernes Gesetz ist, gegen das man ohnehin nichts machen kann. Das Gesetz des Maximalprofites ist aber in Wirklichkeit genauso von Menschen gemacht wie das Gesetz der CO² Abgabe; beides kann von Menschen auch geändert werden. Immer auf den Schwachen einzuprügeln, gilt gemeinhin als feige. Nicht bei der CO² Bepreisung. Da prügelt man auf die Politiker ein, die damit zumindest noch etwas fürs Klima tun wollen, statt auf die Mineralölkonzerne, die die Preiserhöhungen nur in die Taschen ihrer Aktionäre fließen lassen.

Eberhard Reinecke