Der Prozess um den Brandanschlag von Solingen und das NSU-Verfahren

Der Prozess um die Brandstiftung in Solingen war einer der ersten großen Prozesse, in denen es um Brandanschläge von Rechtsradikalen auf Immigranten ging. Er steht in unmittelbarem Zusam­menhang mit der Ausländerhetze („Das Boot ist voll“) der ersten Hälfte der 90er Jahre. Drei Tage nach der grundlegenden Änderung der Asyl- und Ausländergesetze im Bonner Bundestag brannte das Haus der Familie Genc in Solingen. Es gab keine originäre Zuständigkeit der Bundesanwalt­schaft, diese ergab sich, weil „der Generalbundesanwalt wegen der besonderen Bedeutung des Falles nach die Verfolgung übernommen“(120 GVG) hatte.

Es ist schon beängstigend, wenn wir im NSU-Prozess von einem Schulfreund von Uwe Mundlos hören, dass eines seiner Lieblingslieder das Lied „Türken raus“ von den Böhse Onkelz war. Dieses hatte auch die jugendlichen Tätern von Solingen aufgehetzt. Es gibt Parallelen zum unseligen Wirken des Verfassungsschutzes, der auch in Solingen einen Rechtsradikalen samt seiner Kampfsportschule unterstützte, wo dann junge Menschen Kontakte zu Altnazis bekommen konnten.

Trotzdem waren die Auseinandersetzungen im Verfahren zwischen Verteidigung, Bundesanwalt­schaft und Nebenklägern anders als im NSU-Verfahren. Es gab wenig Differenzen zwischen Bundesanwalt­schaft und Nebenklagevertretern. Alle vier Angeklagten äußerten sich wiederholt und persönlich zur Sache, einer hatte bis zum 74. Verhandlungstag ein Geständnis abgelegt und wiederholt, das ihn und die übrigen drei Angeklagten einschloss, einer hatte ein Geständnis abgelegt, nach dem er Alleintäter war, und zwei der Angeklagten bestritten jede Tatbeteiligung. Alle Angeklagten bedauerten den Anschlag, wobei zwei der Angeklagten betonten, dass sie an „diesem abscheulichen Anschlag“ nicht beteiligt gewesen seien.

Im Prozess selbst gab es daher wenig politische Auseinandersetzungen, vielmehr ging es entscheidend darum, ob alle vier Angeklagten die Tat begangen hatten oder nicht. Wir erlebten hier eine seltene Spaltung in der Medienberichterstattung zwischen solchen, die eher von einer Beteiligung aller Angeklagten überzeugt waren und anderen, die das für drei nicht für erwiesen hielten.

Als Nebenklagevertreter hatten wir seinerzeit deshalb auch gerade die Aufgabe, öffentlich zum Stand des Verfahrens Stellung zu nehmen, um zu verhindern, dass in der Öffentlichkeit der Eindruck entsteht, dass „Unschuldige“ auf der Anklagebank sitzen. Wir sehen uns in unserer damaligen Einschätzung dadurch gestärkt, dass es bis zum heutigen Tage keine plausiblen Hinweise auf andere Täter gibt. Wir können hier folgende Erklärungen dokumentieren:

Eberhard Reinecke