Nach dem deutschen Schweinekönig nun der rumänische

Subunternehmer scheitert beim Versuch, eine Unterstützerin rumänischer Arbeiter*innen in der Fleischindustrie einzuschüchtern.

Wir hatten früher darüber berichtet, dass der deutsche Schweinekönig – Tönnies – mit seinem Versuch gescheitert war, die „Aktion gegen arbeitsunrecht“ mit Hilfe von Unterlassungsverfahren einzuschüchtern. Dies allerdings ist kein Einzelfall, bekanntlich reagieren nicht nur deutsche Kapitalisten nervös, wenn sie ihre Profite gefährdet sehen.

Die von uns vertretene Daniela Reim arbeitet seit vielen Jahren für die Beratungsstelle für mobile Beschäftigte, vor allem für rumänische Arbeiter*innen. Diese werden von Subunternehmern angeworben und in Deutschland eingesetzt. Einer der ganz Großen der Branche, Dumitru Miculescu (über den man dies und das im Internet findet) fühlte sich durch diese Arbeit bei der Profitmacherei gestört, vor allen Dingen weil Frau Reim auch in Rumänien selbst versuchte, Anwerbungsversuche durch Aufklärung darüber, wie die wirklichen Verhältnisse in Deutschland sind, zu stören. Im Mai 2019 startete zunächst auf Facebook eine anonyme CyberMobbingkampagne gegen Frau Reim, in der u.a. völlig wahrheitswidrig behauptet wurde:

„Vermeiden Sie diesen Abschaum“, war in einem dieser Facebook-Beiträge zu lesen. „Sie (Daniela Reim) gibt an, dass sie den Rumänen hilft, aber sie beklaut und betrügt sie.“ Sie arbeite Hand in Hand mit einer Verbrecherbande, verlange Geld für ihre Dienstleistungen und stehle unter anderem Bankkarten, wurde behauptet. Dazu postete der Unbekannte ein Foto der 47-Jährigen mitsamt ihrem Namen und Wohnort.

Als Frau Reim davon unbeeindruckt die Polizei einschaltete und sich öffentlich wehrte verschwanden die Eintragungen in Facebook, allerdings wurde Frau Reim dann im September 2019 von dem rumänischen Schweinekönig verklagt (Ein Schelm, wer darin mehr als ein zufälliges zeitliches Zusammentreffen sieht). Selten habe ich eine solche erkennbar aussichtslose Klage gesehen. Es sollte wohl auch eher der geforderte Streitwert der Klage von 50.000 € die Einschüchterung bewirken. Gegenstand der Klage waren zuletzt folgende Behauptungen:

a.) die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter, die in Deutschland in Schlacht- und Zerlegungsbetrieben der Kläger arbeiteten, seien skandalös;
b.) sie entsprächen nicht den deutschen Sozialversicherungsbestimmungen und
c.) die Mitarbeiter der Klägerseite würden in deutschen Schlachthöfen, in denen die Klägerin als Subunternehmerin tätig ist, untertariflich bezahlt werden und bekämen nicht einmal den Mindestlohn;
d.) die Strukturen bei den Klägern seien mafiös;

Bereits in der Verhandlung im März 2020 ließ das Landgericht erkennen, dass es nicht viel von der Klage hält, dass z.B. durchaus eine solche Klage zwecks Verhinderung von Meinungsäußerungen vielleicht auch als mafiös bewertet werden konnte. Dann allerdings wurden noch einmal angebliche Zeugen dafür benannt, dass Frau Reim irgendwo geäußert habe, dass nicht einmal der Mindestlohn gezahlt werde. Es spricht zwar vieles dafür, dass dies insbesondere dann der Fall ist, wenn man nicht auf die einzelne Stunde sondern das Gesamtpaket der Ausbeutung guckt, aber unsere Mandantin hatte derartiges nie geäußert. So wurde dann eine weitere Beweisaufnahme fällig. Aber nicht einmal die engsten Mitarbeiter des Klägers konnten bestätigen, dass derartiges überhaupt gesagt worden war. Konsequenz: Die Klage wurde abgewiesen, der hohe Streitwert fällt jetzt in Form unserer Kostenrechnung auf den rumänischen Schweinekönig zurück. Kernsätze des Urteils, von dem wir einige Auszüge hier abdrucken, lauten:

Gegenüber der Berührung der klägerischen Interessen wiegt die Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG der Beklagten jedoch auch hier schwerer. Diese ist hier besonders schutzwürdig, da sie im Kontext mit der aktuellen öffentlichen Diskussion bezüglich der Arbeitsbedingungen der Beschäftigten in deutschen Schlachthöfen Berücksichtigung finden muss. Vor diesem Hintergrund ist der Zweck der Meinungsäußerung hoch zu gewichten. Denn die angeblichen Aussagen der Beklagten betreffen eine in der breiten Öffentlichkeit rege geführte Diskussion. Arbeitsbedingungen in deutschen Schlachtbetrieben, insbesondere bei Subunternehmern, sind, wie gerichtsbekannt ist, wiederholt Gegenstand von Presse- und Medienberichten. …. In diesem Zusammenhang geraten immer wieder auch die Arbeitsbedingungen in Schlachtbetrieben in den Fokus der öffentlichen und politischen Diskussion. …. Ein an die Beklagte gerichtetes Unterlassungsgebot im beantragten Sinn auszusprechen, hieße, der Beklagten die zukünftige Beteiligung an dieser Diskussion zumindest erheblich zu erschweren, wenn nicht gar faktisch unmöglich zu machen. Wegen des erheblichen, mit dem Unterlassungsgebot verbundenen Sanktionsdrucks sähe sich die Beklagte nachvollziehbarer Weise womöglich dazu veranlasst, ihre Meinung nicht weiter zu äußern. Eine hier vorliegende kritische Befassung haben die Kläger hinzunehmen.

Es ist schon bemerkenswert welche Wirkung eine einzelne Person, die sich nicht einschüchtern lässt, für den Widerstand haben kann. Mittlerweile hat ein weiterer Subunternehmer Frau Reim verklagt, auch dort spricht alles für dessen Niederlage, allerdings werden hier am 14.04.2021 beim Landgericht in Oldenburg noch Zeugen gehört werden.

Eberhard Reinecke