Namensnennung des Sohnes eines ehemaligen Oberbürgermeisters zulässig

Kurz kommentiert  –  – BVerfG 1 BVR 1282/17

Wieder einmal befasste sich das Bundesverfassungsgericht mit der Frage wie weit mittlerweile digitalisierte Beiträge in Printmedien die Namen beteiligter Personen nennen dürfen. Konkret: Durfte in einem digitalisierten Artikel aus dem Jahre 1978 mitgeteilt werden, dass der Kläger Sohn eines Oberbürgermeisters ist.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Zulässigkeit dieser Berichterstattung, wie auch schon vorher Land und Oberlandesgericht Hamburg bejaht. In der kurzen Entscheidung werden Grundsätze der Namensnennung dargestellt.

Die immer wieder zu hörende Behauptung, eine solche Namensnennung verletze das Recht auf informationelle Selbstbestimmung weist das Bundesverfassungsgericht kurz zurück:

Soweit der Beschwerdeführer sich auf das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung stützt, ist der Schutzgehalt dieser Gewährleistung nicht berührt. Denn dieses Grundrecht schützt im Schwerpunkt vor den spezifischen Gefährdungen der von Betroffenen nicht mehr nachzuvollziehenden oder zu kontrollierenden Datensammlung und -verknüpfung (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 6. November 2019 – 1 BvR 16/13 – Recht auf Vergessen I, Rn. 89 f.), nicht vor der Mitteilung personenbezogener Informationen im öffentlichen Kommunikationsprozess. Der diesbezügliche Schutz bleibt den äußerungsrechtlichen Schutzdimensionen des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts vorbehalten (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 91).

Für die sodann gebotene Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen und der Meinungs- und Pressefreiheit erläutert das Bundesverfassungsgericht noch einmal kurz seine Gesichtspunkte zur Abwägung. Entscheidend für die Abwägung sei der Zeitpunkt, in dem die Löschung verlangt wird. Anders als in der früheren Rechtsprechung des BGH geht das Bundesverfassungsgericht allerdings nicht davon aus, dass die fortbestehende Einstellung im Archiv zulässig bleibt, wenn die ursprüngliche Einstellung zulässig war, das Bundesverfassungsgericht hält dies aber für ein erhebliches Argument. Die sonstigen Abwägungskriterien umschreibt das Bundesverfassungsgericht wie folgt:

Insoweit haben die Gerichte insbesondere die Schwere der aus der trotz der verstrichenen Zeit andauernden Verfügbarkeit der Information drohenden Persönlichkeitsbeeinträchtigung (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 121), den Zeitablauf seit dem archivierten Bericht (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 101-109), das zwischenzeitliche Verhalten des Betroffenen einschließlich möglicher Reaktualisierungen (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 107, 109, 122 f.), die fortdauernde oder verblassende konkrete Breitenwirkung der beanstandeten Presseveröffentlichung (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 114, 125), die Priorität, mit der die Information bei einer Internetsuche kommuniziert wird (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 125), das generelle Interesse der Allgemeinheit an einer dauerhaften Verfügbarkeit einmal veröffentlichter Informationen (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 112 f., 121, 130) und das grundrechtliche Interesse von Inhalteanbietern an einer grundsätzlich unveränderten Archivierung und Zurverfügungstellung ihrer Inhalte (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 112 f., 130; EGMR, M. L. und W.W. v. Deutschland, Urteil vom 28. Juni 2018, Nr. 60798/10 und 65599/10, § 90) angemessen zu berücksichtigen.

Insgesamt bleibt es aber dabei, dass die Namensnennung häufig risikobehaftet ist. Wir können hier auf unser Skript Medienrecht für Nichtjuristen, dort ab Seite 9 verweisen. Eine weitere politisch juristische Einordnung der Entscheidung können Sie unter „Kampf gegen Namensnennung in Veröffentlichungen – Schutz vor Aufdeckung von Skandalen“ nachlesen

Eberhard Reinecke