Chance verpasst – Rückblick auf das NSU-Verfahren

Der Humanistischen Pressedienst hatte mich gebeten, zusammenfassend zum NSU-Verfahren Stellung zu nehmen. Als Beirat des mit dem hpd freundschaftlichen verbundenen Instituts für Weltschauungsrecht bin ich dieser Bitte gerne nachgekommen. Dort wurde mein Artikel am 25.7.2018 veröffentlicht. Im folgenden eine leicht überarbeitete Version:

Es fällt mir schwer, nach mehr als fünf Jahren Verhandlungszeit, in der ich an weit mehr als der Hälfte aller Verhandlungstage teilgenommen habe, zusammenfassend über diesen Prozess zu schreiben, zu dem ich mehr als 150 Einträge in unserem Kanzleiblog „Die Schneeflocke“  verfasst habe. Ich will es trotzdem versuchen.

Das NSU-Verfahren war eines der „großen Verfahren“ in der Geschichte der Bundesrepublik. Auch in fünfzig Jahren wird man es wahrscheinlich rückblickend in eine Reihe mit dem Auschwitz-Prozess und dem RAF-Prozess stellen. Es ist kein Wunder, dass in dieser Zeit auch die Literatur über den Prozess den Markt überschwemmt. Angekündigte Protokolle von der Süddeutschen (durchaus empfehlenswert) wie auch die in Buchform erschienenen Plädoyers einer Reihe von Kollegen („Kein Schlusswort“) oder auch das in Buchform erschienene Plädoyer des Kollegen Dr. Daimagüler. Immer noch erreichbar der ZEIT-Blog mit mehr als 1600 Einträgen, oft eine Presseschau zu einzelnen Verhandlungstagen, sowie die Protokolle bei NSU-Watch

Die Bedeutung des NSU …….

Es war in der Geschichte der BRD ein (bisher) einmaliger Vorgang, dass eine Gruppe rechtsextremer Terroristen, von denen zumindest drei (Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe) auch namentlich bekannt sind, in der Lage waren, über einen Zeitraum von 13 Jahren mindestens 10 Morde zu begehen, 15 Banküberfälle, 3 Bombenanschläge (einer davon war nicht angeklagt), ohne dass man ihnen auf die Spur gekommen wäre.

War die Republik gewohnt, linken Terroristen alles zuzutrauen, hatte sie es versäumt, Konsequenzen aus dem Oktoberfest-Attentat zu ziehen (das als Tat eines verwirrten Einzelgängers abgetan wurde) oder auch aus rechtsgerichteten Bombenanschlägen in Italien. Es wurde nicht erkannt, dass rechtsextreme Gewalt (wie im übrigen auch die von Salafisten und ähnlichen religiös verbrämten Terroristen) sich nicht gegen Spitzen des Systems richten, sondern gegen die Bevölkerung oder – wie im Fall des NSU – gezielt gegen Opfer türkischer Herkunft, ohne dass allerdings eine konkrete Beziehung zum Opfer bestand, oder die Opfer irgendeine herausragende Position hatten.

Dass offensichtliche Versagen des Staates und insbesondere der Geheimdienste (Verfassungsschutz) machte das Phänomen NSU zu einem historisch einschneidenden Abschnitt in der Geschichte der Bundesrepublik.

…….und des Prozesses

Der Prozess selbst hatte bombastische Ausmaße, sowohl mit der Verhandlungsdauer, wie mit der Zahl der vernommenen Zeugen und Sachverständigen (ca. 600) aber auch mit den Prozessbeteiligten. Bricht man dies allerdings auf die fast 30 schweren Straftaten herunter, die im Rahmen des Verfahrens Gegenstand waren, so ist dies nicht einmal besonders viel. Der monströse Prozess war Konsequenz monströser Taten.

Der Prozess wurde begleitet durch eine Vielzahl von Untersuchungsausschüssen im Bund (zwei) sowie diversen Bundesländern, insgesamt mehr als zehn. Dies ist ohne Zweifel ein Novum in der deutschen Rechtsgeschichte. Darüber hinaus war ebenfalls neu, dass eine Vielzahl von Nebenklagevertretern an dem Prozess teilnahmen, von denen wiederum eine nicht unerhebliche Anzahl auch selbständige Beiträge einbrachten, teilweise auch in enger Abstimmung mit den Ergebnissen von Untersuchungsausschüssen. Gemessen an den Tatsachengrundlagen, die neben den Ermittlungen der Bundesanwaltschaft auch durch Untersuchungsausschüsse, teilweise Recherchen von weiteren Personen geschaffen war, stellt sich das Ergebnis des Verfahrens als mager heraus. Ohne Zweifel eine Konsequenz des „Anklagegrundsatzes“.

Der Anklagegrundsatz und die „Trio“ Theorie

Wer die Aufklärung verteidigt, muss auch den Anklagegrundsatz verteidigen. Den Begriff „Inquisitionsprozess“ verbinden die meisten vor allen Dingen mit Folter. Mindestens genauso kennzeichnend war allerdings, dass die untersuchende Person gleichzeitig Richter war. Die Einführung des Anklagegrundsatzes, das heißt die Trennung der Aufarbeitung des Falles einerseits und die Durchführung des gerichtlichen Verfahren andererseits war dem gegenüber ein wesentlicher Fortschritt der bürgerlichen Revolution, den man – auch bei schlechten Erfahrungen wie im NSU-Verfahren – verteidigen muss. Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ist dementsprechend die Tat und in persönlicher Hinsicht die angeblichen Täter, die die Staatsanwaltschaft anklagt. Das Gericht kann nicht ohne weiteres den Gegenstand der Untersuchung ausweiten, es kann auch nicht von sich aus weiteren Tätern und Gehilfen den Prozess machen. Allerdings versagt der Anklagegrundsatz dann, wenn – wie im NSU-Verfahren – die Anklage nur Teilaspekte zur Anklage bringt.

Während fast alle Untersuchungsausschüsse zum Ergebnis kamen, dass es schlecht vorstellbar wäre, dass der NSU tatsächlich nur aus drei Personen bestand und insbesondere keine weiteren Helfer vor Ort hatte, hatte die Bundesanwaltschaft genau diese Version zum Gegenstand der Anklage gemacht. Natürlich wäre das Gericht nicht gehindert gewesen – und dazu gab es auch genügend Anträge von Nebenklägern – hinsichtlich der einzelnen Taten tatsächlich zu ermitteln, ob es weitere Gehilfen gegeben hat, weil die Tat als historischer Vorgang natürlich auch Fragen umfasst, wer bei einer bestimmten Tat unterstützend tätig war, selbst wenn diese Person nicht auf der Anklagebank saß.

Von Nebenklägern war das Gericht in den Schlussvorträgen immer wieder aufgefordert worden, sich nicht nur der Beschränktheit seiner Aufgabe bewusst zu sein, sondern auch im Rahmen des Urteils deutlich zu machen, welche Fragen bis heute ungelöst sind. Zumindest nach der mündlichen Urteilsbegründung kann man davon allerdings nicht ausgehen. Es gibt praktisch keine Veröffentlichung zum Urteil, die nicht auch darauf hinweist, wie viele Fragen zum NSU offen sind. Trotzdem: In der Beschränkung des Urteils verbunden mit der Feststellung, dass der NSU aus drei Personen bestand, liegt die Gefahr dass hier tatsächlich ein Schlussstrich von interessierter Seite gezogen wird.

Die Bundesanwaltschaft hat nach Urteilsverkündung erklärt, sie werde weiter gegen Unterstützer des NSU ermitteln. Die Nebenkläger sehen darin eher eine Beruhigung statt eine tatsächliche Ankündigung weiterer Aufklärung. Wer nachlesen will, wie konkret die Hinweise auf ein Unterstützernetz z.B. in Nürnberg sind, kann hier z. B. das Plädoyer der Kollegin Basay nachlesen, das wir auf unserer Webseite veröffentlicht haben.

Es ist bedauerlich, dass durch die Freilassung von Andre Eminger sowie Ralf Wohlleben nun in der rechten Szene der Eindruck verstärkt wird, dass es sich lohnt, gegenüber dem Staat dicht zu machen. Es kann sein, dass Aufklärungs- und Ermittlungsschritte, die vor drei oder vier Jahren noch möglich geworden wären, heute immer schwieriger werden, weil auch die rechte Szene wieder „Tritt gefasst“ hat.

Das Prozessverhalten von Beate Zschäpe

Natürlich hat das Prozessverhalten der Angeklagten Zschäpe dazu beigetragen, dass noch so viele Fragen offen sind. Dass sie ihr Prozessverhalten daran ausgerichtet hat, möglichst ungeschoren aus diesem Prozess herauszukommen, ist nachvollziehbar. Dass dies allerdings gescheitert ist, ergibt sich aus dem – in diesem Punkt vollständig richtigen – Urteil des Oberlandesgerichtes. Entgegen der öffentlichen Posaunentöne ihrer Verteidiger dürfte auch die Mittäterschaft von ihr im Revisionsverfahren nicht gekippt werden. Kein Mensch empfindet es als gerecht, wenn ein Mafia-Pate, der beim Abendessen nur mal so erzählt, wen man eigentlich beseitigen müsste, anschließend nicht verurteilt werden könnte, nur weil er nicht am Tatort war und selbst nicht geschossen hat. Aber auch unterhalb dieser Schwelle gibt es natürlich wesentliche und entscheidende Tatbeiträge für den Zusammenhalt der Gruppe, die eine Mittäterschaft begründen können.

Bei der gegebenen Beweissituation war sowohl das ursprünglich mit der Angeklagten abgesprochene Verhalten (Schweigen) wie aber auch das mit späteren Verteidigern abgesprochene Verhalten (schriftliche Erklärung und schriftliche Beantwortung von Fragen des Gerichtes, nicht aber von Fragen der Nebenkläger und der Bundesanwaltschaft) von vornherein nicht geeignet, eine günstigere Entscheidung herbeizuführen. Frau Zschäpe hatte bestenfalls eine Außenseiterchance. Mit einem umfassenden Geständnis, bei dem sie ihre tatsächlichen Kenntnisse offenbart hätte, auch zu weiteren Gehilfen, Unterstützern oder Mittätern, hätte sie wahrscheinlich ein deutlich günstigeres Urteil erreichen können, zumindest aber eine kürzere Haftzeit. So wird sich die weitere Aufklärung – soweit sie von Frau Zschäpe abhängt – in die Strafvollstreckung verschieben. Gamze Kubasik, die Tochter des in Dortmund ermordeten Mehmet Kubasik, hat in ihren bewegenden Schlussworten Frau Zschäpe das Angebot gemacht, sich für sie einzusetzen, falls sie eines Tages tatsächlich auspackt.

Die Rolle des Verfassungsschutzes

Ein weiterer wesentlicher Punkt des Verfahrens war die Rolle der Geheimdienste. Mitglieder des NSU waren – schon seit dem Untertauchen – eng von Spitzeln des Verfassungsschutzes oder V-Leuten der Polizei umgeben. Es erscheint fast ausgeschlossen zu sein, dass nicht einer dieser V-Leute den tatsächlichen Aufenthaltsort der drei gekannt hat, gab es doch andere Personen, die den Aufenthaltsort kannten und die auch keineswegs in einem besonders engen Vertrauensverhältnis zu den drei standen.

Nach meiner Auffassung ist die spannende Frage nicht, ob es V-Leute gab, die die Anschrift kannten, sondern die spannende Frage ist, ob sie dies ihren V-Mann-Führern weitergegeben haben. Mit anderen Worten, ob es sich tatsächlich um V-Leute des Verfassungsschutzes in der rechten Szene oder umgekehrt um V-Leute der rechten Szene im Verfassungsschutz gehandelt hat, die sich ihre Tätigkeit gut bezahlen ließen und das Geld zumindest teilweise in den Aufbau rechter Strukturen steckten. Dass eine der bekanntesten dieser Figuren – Tino Brandt – bereits 2001 als Spitzel aufgeflogen ist, trotzdem aber in seiner gewohnten Umgebung lebte und seit dieser Zeit niemals Racheakten der rechten Szene ausgesetzt war, spricht eine deutliche Sprache. Wahrscheinlich wird man niemals endgültig feststellen können, ob auch Verfassungsschutzämter die Anschrift der untergetauchten drei kannten. Das eifrige Schreddern von Verfassungsschutzakten eine Woche nachdem das Trio Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe aufgeflogen war, wird hier auf Dauer weitergehende Einblicke verhindern.

Die Anwesenheit des Verfassungsschutzbeamten Temme während des Mordes an Halit Yozgat im Internetcafe in Kassel ist ebenfalls bis heute ungeklärt. Auch hier hat das Gericht in München eine ausgesprochen schlechte Figur gemacht, wollte es dem Zeugen doch tatsächlich glauben, dass er nicht zumindest beim Verlassen des Internetcafes den erschossenen Halit Yozgat gesehen habe. Dass Andreas Temme in diesem Punkt gelogen haben dürfte, ist durch eine Vielzahl von Rekonstruktionen belegt, das Motiv, warum es dies bis heute leugnet, ist allerdings bisher ungeklärt.

Institutioneller Rassismus bei der Polizei

Ebenso wenig hat das Gericht in der mündlichen Urteilsbegründung zu den Fehlern der Ermittlungsarbeit der Polizei Stellung genommen, die immer zu Lasten der Opferfamilien gingen. Nichts macht den „institutionellen Rassismus“, der in den Ermittlungen herrschte, besser deutlich als die Analyse eines Profilers des LKA Baden-Württembergs, der ausführte:

„Vor dem Hintergrund, dass die Tötung von Menschen in unserem Kulturraum mit einem hohen Tabu belegt ist, ist abzuleiten, dass der Täter hinsichtlich seines Verhaltenssystems weit außerhalb des hiesigen Normen- und Wertesystems verortet ist. […] Auch spricht der die Gruppe prägende rigide Ehrenkodex eher für eine Gruppierung im ost- bzw. südeuropäischen Raum (nicht europäisch westlicher Hintergrund)«.

Ausgehend davon, dass weder Deutsche, noch Westeuropäer derartige Verbrechen begehen, wurde in allen Fällen nach Beziehungstaten in der Familie, nach Schutzgelderpressung, Rauschgift, etc. gesucht, nie aber nach möglichen rechtsradikalen Motiven. Wer kleinteilig und deswegen auch besonders ergreifend nachlesen möchte, wie die Ermittlungen der Polizei sich gestalteten, dem sei das Plädoyer meiner Kollegin Seda Basay empfohlen, die dies anhand der Ermittlungen beim ersten Mordopfer nachgezeichnet hat.

Das Gericht hat die Chance verpasst, der historischen Bedeutung gerecht zu werden

Das Gericht ist in der mündlichen Urteilsbegründung (im schriftlichen Urteil ist eher weniger zu erwarten) dieser historischen Bedeutung des Prozesses nicht gerecht geworden. Annette Ramelsberger hat dies in der Süddeutschen Zeitung in ihrem Kommentar sehr gut zusammengefasst, selbst wenn dies einem pensionierten Bundesrichter nicht gefällt, der sie als „NSU-Beauftragte der Süddeutschen“ denunziert.

Das Gericht hat noch nicht einmal die besondere Bedeutung des Verfahrens erwähnt, geschweige denn hat es versucht, die vorgeworfenen Taten in die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland einzuordnen. Besonders schlimm war, dass das Gericht in der mündlichen Urteilsverkündung nichts zum Leid der Angehörigen gesagt hat und nichts zu den Ermittlungen der Polizei, genauso wenig zu der Rolle des Verfassungsschutzes.

Der Vorsitzende Richter Götzl war in den fünf Jahren immer wieder für seine Verhandlungsführung gelobt worden. Natürlich bestand seine Hauptaufgabe darin, den Prozess so zu führen, dass es möglichst wenig Anfechtungsmöglichkeiten für eine Revision geben konnte. Wenn dahinter aber jegliches Gespür für die historische Bedeutung des Verfahrens verschwindet, verpasst das Gericht eine wesentliche Chance. Es ist auch nicht ersichtlich, dass eine sichere Prozessführung notwendigerweise damit kontrastiert, dass sich das Gericht seiner historischen Rolle bewusst ist und dieses auch artikuliert.

Welche Konsequenzen für die Gesellschaft ergeben sich aus dem Prozess

Der Auschwitzprozess war (auch) das Startsignal für eine weitere Verfolgung von NAZI-Tätern. Das Auffliegen des NSU hatte zumindest zeitweise zur Strafverfolgung rechtsterroristischer Gruppe wie der „Gruppe Freital“ oder der „Old School Society“ geführt. Es gab auch einige drastische (berechtigte) Strafen für Brandanschläge auf Flüchtlingsheime. Das Urteil selbst wird aber kaum als weitere Abschreckung wirken.

Ich war bereits mit meinem Kollegen Reinhard Schön Nebenklagevertreter im Solinger Brandstiftungsverfahren. Dort sind 1995 die Urteile gesprochen worden, vier der rechten Szene zuneigende Jugendliche hatten – wohl ohne größeren Plan vorab – das Haus der Familie Genc angezündet. Einige trainierten in einer Kampfschule, die von einem V-Mann des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes betrieben wurde und in der Alt-Nazis die Köpfe junger Menschen mit rechtsradikalem Müll verseuchen durften. Wenn ich damals gedacht hatte, dass die öffentliche Empörung über den Brandanschlag, die Verurteilung der Täter, wie auch der Täter von Mölln und Hünxe ein Umdenken in der Gesellschaft herbeiführt, so habe ich mich getäuscht. Während das Oberlandesgericht Düsseldorf sein Urteil sprach, trieben Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe bereits im Thüringer Heimatschutz ihre rechtsradikalen Aktivitäten voran, im Jahre 1996 beginnen sie die ersten rechtsradikalen Straftaten. Was bei den Brandstiftern in Solingen mehr eine spontane Tat war, wurde vom NSU als zielgerichtete Taten perfektioniert.

Sieht man die gegenwärtige Entwicklung, so muss man befürchten, dass die unglaubliche Verrohung, wie sie im Bekennervideo Paulchen Panther, noch mehr allerdings in zwei früheren Videos zum Ausdruck kommt, nicht etwa zu einer Distanzierung geführt haben, sondern dass die Verrohung mittlerweile bis in die Mitte der Gesellschaft vordringt. Das Kammergericht Berlin hatte noch im Jahre 2003 die RechtsRockBand Landser als kriminelle Vereinigung verurteilt und unter anderem diverse Lieder der Band verboten. Im Afrika-Lied, das sich – wie eine Vielzahl weiterer rechtsradikaler Lieder – auf dem Rechner des Angeklagten Wohlleben befand, heißt es unter anderem:

Afrika für Affen, Europa für Weiße, steckt die Affen in ein Boot und schickt sie auf die Reise.
Im Hafen geht die Party ab die Stimmung ist famos, alle Affen sind an Bord, jetzt geht die Reise los. ……
Das Boot das ist auf hoher See da gibt’s nen großen Schreck, im Schiffsraum da dringt Wasser ein, der Kahn, der hat ein Leck. …..
Das Boot das sinkt unweigerlich den Affen hilft kein Schrei’n und weil keiner schwimmen kann, werden sie wohl ersoffen sein.

Das ist nicht mehr weit entfernt von offiziellen Stellungnahmen des italienischen Innenministers, eines neuen Freundes der CSU, der auch sehenden Auges – vielleicht auch zu Abschreckungszwecken – das Ertrinken einer Vielzahl von Menschen in Kauf nimmt. Es ist diese Verrohung in der öffentlichen Auseinandersetzung, die die besten Voraussetzungen dafür schafft, dass sich wieder Terroristen zusammentun, die meinen den Willen der schweigenden Mehrheit (heute auch gerne „besorgte Bürger“ genannt) zu vollstrecken. Der NSU-Prozess hat die Entwicklung in diese Richtung nicht aufgehalten.

Eberhard Reinecke