OLG soll die „Ermordung“ von Rudolf Heß untersuchen

„Herr Wohlleben ist seinen Idealen und politischen Überzeugungen treu geblieben“

Schrieb  die Verteidigung Wohlleben, bevor der Angeklagte sich im letzten Jahr zur Sache äußerte. Welche Überzeugungen das sind (offenbar geteilt von seinen VerteidigerIn), konnte man am 13.10.16 im OLG München hören. Es wurde ein „Beweis“antrag gestellt, dass Rudolf Heß ermordet wurde.

Unter Gegenständen, die in der Wohnung von Wohlleben bei der Durchsuchung im Jahre 2011 gefunden wurden, war auch ein Aufkleber, auf dem „Mord an Rudolf Heß“ stand und den das Gericht auf Antrag von Nebenklägern in Augenschein genommen hatte. Dies gab nun der Verteidigung Wohlleben einen offenbar ersehnten Vorwand, einen Beweisantrag zur „Ermordung“  von Rudolf Heß zu stellen.  Zitat aus dem Antrag:

„Die nachfolgend beantragte Beweiserhebung wird indes ergeben, dass sich der Schluss aufdrängt, das Rudolf Heß ermordet wurde. Zur Bewertung des Inhaltes des in Augenschein genommenen und verlesenen Aufklebers ist dies seitens des Senates aufzuklären.“

Der 3-seitige Antrag benennt einen Herrn Abdallah Melaouh, Krankenpfleger des Rudolf Heß, als Zeugen, der entsprechende Behauptungen in einem Buch im Jahre 2008 veröffentlicht hat. (Mitgeschrieben an dem Buch hat ein Vorstandsmitglied der NPD.) Der Zeuge ist ein gern gesehener Gast bei NPD-Veranstaltungen. Und die Verteidiger des Angeklagten Wohlleben wollen vielleicht den Gerichtssaal zu einer Schulungsveranstaltung der NPD machen.

Rudolf Heß („Stellvertreter des Führers“) ist bekanntlich vom Nürnberger Kriegsverbrecher Tribunal wegen Vorbereitung eines Angriffskrieges und Verschwörung gegen den Weltfrieden zu lebenslanger Haft verurteilt worden. „Heß gilt in der Neonazi-Szene aufgrund seines ungebrochenen Bekenntnisses zum Nationalsozialismus, seiner 46-jährigen Haftzeit und der Verschwörungstheorien, die sich sowohl um seinen Flug nach Großbritannien als auch um seinen Tod ranken, als Märtyrer und „Friedensflieger““(wikipedia).[

Auch Uwe Mundlos hat Heß nicht deswegen verehrt, weil er „ermordet“ worden sei, sondern deswegen, weil er bis ans Lebensende ein nationalsozialistischer Scharfmacher war. Selbst wenn man einen Moment davon ausginge, dass Rudolf Heß nicht eines natürlichen Todes gestorben ist, so wäre die Verehrung von Rudolf Heß durch Aufkleber und Gedenkmärsche immer noch Ausdruck des Bekenntnisses zum Nationalsozialismus. Deshalb ist der Antrag der Verteidigung Wohlleben natürlich für das Verfahren ohne jede Bedeutung, was den Verteidigern sicherlich auch klar ist. Der Antrag dient schlicht der rechtsradikalen Propaganda und der Stärkung des Rufes des Angeklagten in der rechten Szene.

Wir hatten immer schon darauf hingewiesen, dass auch die VerteidigerIn Wohllebens rechte Propaganda im Gerichtssaal betreiben, wenn sie etwa „Hakenkreuz“ – Malereien des Angeklagten zur „Kalligraphie“ erklären. Das war aber harmlos im Verhältnis zum jetzigen Beweisantrag. Nach außen taten VerteidigerIn Schneiders und Klemke immer so, als seien sie nicht in bestimmte rechte Organisationen eingebunden. Seit einiger Zeit hat auch Herr Wohlleben einen dritten Verteidiger und zwar Herrn Wolfram Nahrath. Er war bis zu ihrem Verbot 1994 Vorsitzender der Wiking-Jugend und ist danach für die Heimattreue Deutsche Jugend tätig sowie Mitglied der NPD, in der er im Jahr 2000 zum Vorsitzenden des Bundesschiedsgerichts gewählt wurde.

Welche weiteren Beweisanträge müssen wir von dieser rechtsradikalen Verteidigung befürchten? Bekanntlich wurde bei der Durchsuchung bei Herrn Wohlleben auf seinem Bett ein T-Shirt mit dem Bild des Tors von Auschwitz, Schienen, die darauf zulaufen und der Unterschrift „Eisenbahnromantik“ gefunden. Vielleicht erwartet uns demnächst noch ein Beweisantrag, in dem unter Beweis gestellt wird, wie romantisch es eigentlich in Auschwitz zuging. Und da kann NPD Narath dann mit seinen Erfahrungen aus dem Vollen schöpfen, vertrat er doch die Holocaustleugner Williamson (zeitweise) und Stolz.

Zur Abrundung des Tages stellte dann die Verteidigung Wohlleben einen weiteren Befangenheitsantrag. Wir hatten früher schon darauf hingewiesen, wie unsinnig die Befangenheitsanträge sind. Mittlerweile sind sie Standard bei abgelehnten Anträgen der Verteidigung Wohlleben. Weist das Gericht einen Befangenheitsantrag gegen einen Sachverständigen zurück, wird es selbst abgelehnt. Heute nun: Weil das Gericht einen Antrag auf Beiziehung von Akten zurückgewiesen hat, wird es abgelehnt. Was also wird passieren, falls das Gericht sich weigert, die Todesursache von Rudolf Heß aufzuklären? Ein Ablehnungsgesuch? Weil das Gericht dem Wahrheitssucher Wohlleben feindlich gegenüber steht?

Eberhard Reinecke

Update vom 23.11.2016:
Heute wurde ein weiterer Propagandaantrag – diesmal zum „Friedensflieger“ Heß – gestellt, den unser Kollege Schön als Beleg dafür wertete, „dass es sich bei den Wohlleben-Verteidigern um Neonazis handele“.