Vorher – nachher: Ein peinlicher Vergleich für die Verteidigung Zschäpe

Die Differenzen zwischen Zschäpe und Ihren Verteidigern werfen einige grundsätzliche Fragen des Selbstverständnisses (und auch der Selbstachtung) von Strafverteidigern auf. Dazu werden wir sicherlich später noch einmal Stellung nehmen. Heute nur mal ein Vergleich von Aussagen der Verteidiger vor dem Prozessbeginn und heute:

Damals vor Prozessbeginn:

Rechtsanwalt Stahl in einem Interview vor Prozessbeginn im SWR:

Wie bekommt man als liberaler Anwalt diesen Spagat hin: Einerseits ist da eine gewöhnungsbedürftige Gesinnung und andererseits müssen Sie ein möglichst günstiges Urteil für eine Angeklagte mit dieser Gesinnung erlangen?
Stahl: Frau Zschäpe selbst hat sich – unter anderem auf unser Anraten hin – dazu entschlossen, zu den Vorwürfen, den Hintergründen und dem Geschehen keine Erklärung abzugeben. Das ist ihr gutes Recht. Und die Gesinnung, die Frau Zschäpe hat oder gehabt haben soll, die beruht im Grunde auf kolportierten Vorverurteilungen und das ist auch die Einschätzung, die die Öffentlichkeit hat.Es ist zweifelsohne so, dass Frau Zschäpe sich früher über lange Zeit in einem rechtsradikalen Milieu bewegt hat. Rechtsradikal ist aber nicht rechtsextrem, und all das, was der Generalbundesanwalt damals ermittelt hat, ist nicht sehr vielsagend. Handfeste Vorwürfe, die man gegen Frau Zschäpe erheben könnte, sind daher nicht sehr valide und nicht sehr belastbar.

Nun kennen Sie Frau Zschäpe seit eineinhalb Jahren. Was für eine Beziehung hat sich zwischen Ihnen und Ihrer Mandantin entwickelt?
Stahl: Das Verhältnis zwischen einem Angeklagten und den Verteidigern ist ein geschütztes und daher möchten wir es nicht in der Öffentlichkeit diskutieren. Je umfangreicher die Vorwürfe aber sind und je länger die Verfahrensdauer ist, desto vertrauensvoller muss man natürlich miteinander arbeiten. Das ist in jedem Verfahren so. Wenn der eine dem anderen nicht vertrauen kann, dann ist die Verteidigung im Grunde suboptimal.

Rechtsanwältin Sturm in der Sendung „Hart aber fair“ vor Prozessbeginn (das Interview beginnt etwa ab Min. 24:20, das folgende Zitat bei 27:15):

Plasberg: „Ist es eigentlich Beate Zschäpes eigene Entscheidung zu schweigen oder raten Sie ihr auch im Prozess dazu?

Sturm: Es ist grundsätzlich bei jedem Mandat so, dass man schon ganz früzeitig prüfen muss, ob man überhaupt gemeinsame Verteidigungsstrategien miteinander tragen kann. Insoweit ist das eine Frage, die man frühzeitig schon mal bespricht. Und da entwickelt sich ein Vertrauensverhältnis und Frau Zschäpe hat sich in enger Abstimmung mit uns sich dazu entschieden, sich nicht zu den Vorwürfen zu äussern.

Heute laut SPON:

Sie (die Verteidiger) kritisieren Zschäpes anmaßendes und selbstüberschätzendes Verhalten, die Leistung ihrer Verteidiger gegenüber Dritten wie etwa dem Psychiater Norbert Nedopil oder dem Senat bewerten zu wollen. Ein solches Verhalten, so die Anwälte, verbiete sich vor allem vor dem Hintergrund, dass sie, Zschäpe, ihr exklusives Wissen nur fragmentarisch weitergebe, sodass schon aus diesem Grund eine optimale Verteidigung gar nicht möglich sei.

Und im Tagesspiegel:

Die Anwälte betonten am Freitag in  eigenen Erklärungen, sie stünden ihrer Mandantin für Gespräche über die Verteidigungsstrategie zur Verfügung.

Welche Grundlage hatte da eigentlich die vollmundigen Erklärungen vor Prozessbeginn, die Kritik an der „Maximalanklage“? Von Frau Zschäpe kann die Verteidigung offensichtlich nicht gewusst haben, dass die Anklage falsch ist. Und was ist mit dem vor Prozessbeginn beschworenen Vertrauensverhältnis. War die Verteidigung von Anfang an „suboptimal“? Warum muss heute ein Gespräch über eine Verteidigungsstrategie angeboten werden, wenn diese angeblich schon vor Prozessbeginn in einem langen Prozess vertrauensvoll erarbeitet wurde?

Eberhard Reinecke