Corona 1 – Geld hat man zu haben

Die wirtschaftlichen Konsequenzen der Coronakrise treffen viele hart, vor allem diejenigen, die ohnehin nicht so viel haben. Während die Einnahmen wegbrechen, bleiben die Kosten bestehen (Miete, Leasingraten, Kreditraten etc).

„Ich will ja zahlen, aber ich kann im Moment beim besten Willen nicht“, hört man in normalen Zeiten durchaus häufiger. Und dann sollen wegen der ausbleibenden Zahlung auch noch Zinsen gezahlt werden, eventuell der Anwalt des Gläubigers oder es muss sogar eine Kündigung eines Vertrages befürchtet werden.

Man befindet sich bei nicht fristgerechter Zahlung im „Verzug“, wie der Jurist sagt. Allerdings: Verzug setzt Verschulden voraus, kann man tatsächlich davon ausgehen, dass jemand schuldhaft handelt, der coronabedingt seinen Verpflichtungen nicht nachkommt? Ja, sagt das Gesetz! Das Bürgerliche Gesetzbuch trägt seinen Namen zu Recht, „Bürger“ nicht im Sinne von Staatsbürger sondern Bürger im Sinne von bourgeois. Da ist es dann selbstverständlich, dass einer der obersten Grundsätze lautet: „Geld hat man zu haben“ oder wie es in einem juristischen Kommentar zum BGB heißt:

„Da die Geldschuld nicht Sachschuld, sondern Wertverschaffungsschuld ist, sind die Vorschriften über Leistungsmodalitäten und Leistungsstörungen für Sachschulden auf sie nicht unmittelbar anwendbar. Anders als bei Sachschulden hat der Schuldner einer Geldschuld unbeschränkt für seine finanzielle Leistungsfähigkeit einzustehen („Geld hat man zu haben“), kann sich also bei nicht oder nicht rechtzeitig erfolgter Zahlung nicht durch unverschuldeten Geldmangel exkulpieren.“

Anders ausgedrückt: Egal welche Gründe der Schuldner hat, zahlt er nicht pünktlich, handelt er schuldhaft. Nun weiß man, dass sich besonders gut mit dem Elend von Vielen Geld verdienen lässt. Der gesetzliche Zinssatz beim Verzug beträgt 5 % über dem sogenannten Basiszins (§ 288 BGB). Der Basiszins ist im Moment negativ, wobei aber immer noch ein Zinssatz von zur Zeit 4,12 % verbleibt. Vergleicht man dies mit den heute erzielbaren Zinsen bei einer Geldanlage, so muss es nicht verwundern, wenn demnächst ein run auf Forderungen beginnt, diese gezielt aufgekauft werden.

So notwendig die Hilfen für unschuldig in Not geratene Personen ist, so wenig wird eine Stundung oder ein Kredit nutzen, da die Beträge später nachgezahlt werden müssen, und überhaupt nicht absehbar ist, wann tatsächlich eine Nachzahlung möglich ist. Selbst wenn sich das Leben nach einiger Zeit normalisiert, werden die meisten froh sein, wenn sie dann ihren laufenden Lebensunterhalt bestreiten können, eine zusätzliche Nachzahlung vorher gestundeter Beträge wird zumeist nicht möglich sein. Entscheidend wird daher sein, dass die Hilfspakete als verlorene Zuschüsse bei den bisher schon schlecht bezahlten in prekären Arbeitsverhältnissen oder in Selbstausbeutung lebenden Personen ankommen. Es wäre einfach, würde aber einen Sturm der Entrüstung in den oberen Kreisen der Gesellschaft auslösen, wenn einfach gesetzlich geregelt würde, dass man bei wegen Corona ausfallenden Zahlungen nicht in Verzug geraten kann, weil dies unverschuldet ist.

Ansonsten wird am Ende der Coronakrise vor allen Dingen ein Gewerbe stark zulegen: Inkassodienste.

Mit den Problemen der Mietverträge befassen wir uns in der Veröffentlichung Corona 2.

Eberhard Reinecke