Kategorie-Archiv: 04 Justiz und Tipps

Die Wohngeldillusion

oder: Warum Gudrun H. kein Wohngeld bekommt

Als Bettina Böttinger am 14.11.2018 im WDR die Sendung „Ihre Meinung – Wie gerecht ist NRW“ moderierte, entspannte sich folgender Dialog mit einer anwesenden Rentnerin (bei ca. 6:30):

Ich bin Gudrun H. aus Duisburg und ich hätte zu dem Thema zu sagen: Ich habe schon 3 Mal versucht, Wohngeld zu beantragen und es ist jedes Mal abgelehnt. ….
Böttingr (Bö): Ja, wie ist denn Ihre Situation? Warum meinen Sie, Sie haben Anrecht auf Wohngeld?
H: Ich bin Rentnerin und muss eben noch auf Teilzeit arbeiten, auf 450,00 €, bei der Sozialstation, weil es sonst nicht reicht.
Bö: Darf ich Sie indiskret fragen, wie hoch Ihre Rente ist?
H: Meine Rente sind 596,00 €.
Bö: Und die Höhe Ihrer Miete?
H: 578,00 €.
Bö (ungläubig): Und Sie bekommen kein Wohngeld?
H: Nein. Ich habe noch jetzt eine zusätzliche Rente aber es reicht halt alles nicht so richtig.

Man konnte sehen, wie erstaunt Bettina Böttinger war, dass eine Frau, die ein so geringes Einkommen hat, vom dem sie ca. 40 – 50% für die Miete zahlt,  offenbar kein Wohngeld erhält. Weiterlesen

Notarielle Beglaubigung – eidesstattliche Versicherung

Wie das staunende Publikum getäuscht wird

Am Sonntag (4.3.2018) war es so weit. 120 Helfer der SPD hatten unter Aufsicht einer Mandatsprüfungskommission die Stimmen des Mitgliedervotums der SPD aufgezählt. Wohl, um hier von Anfang an jeden Gedanken an Fehler in der Auszählung oder gar Wahlfälschungen zu verhindern, legte die SPD  großen Wert auf die Anwesenheit eines Notars. Teilweise – wie etwa bei tagesschau.de – wurde behauptet, der Auszählungsprozess „wurde zudem von einem Notar kontrolliert“. Andere wiederum meldeten, dass der Schatzmeister der SPD „das notariell beglaubigte Ergebnis vorlegte“, wobei der Tagesspiegel sogar die genaue Urkundennummer mitteilen konnte („bis der Schatzmeister das notariell beglaubigte Ergebnis (Urkunden-Nummer 217/2018S) vorlegte.“) .Was hat es denn nun mit der notariellen Kontrolle oder der „Beglaubigung“ auf sich. Weiterlesen

Vorgetäuschter Eigenbedarf – der Bundesgerichthof macht Druck

Am 29.03.2017 ist etwas Außergewöhnliches geschehen (veröffentlicht am 15.05.2017). Der Bundesgerichtshof hat in derselben Sache zum zweiten Mal aufgrund einer Nichtzulassungsbeschwerde, eine Revision zugelassen und ihr stattgegeben. Das alles in einem Fall, in dem ein Mieter Schadensersatz wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs geltend gemacht hat Weiterlesen

Kollegen und Krähen – wie kollegial muss/darf man als Anwalt sein?

„Führen Sie auch Prozesse gegen Installateure“ ist eine eher selten gehörte Frage im Anwaltsleben, „Führen Sie auch Prozesse gegen Rechtsanwälte“ wird man schon eher gefragt. Wenn man wie ich ausdrücklich auf der Webseite darauf hinweist, auch Prozesse gegen andere Rechtsanwälte zu führen, erhält man auch Anrufe aus weit entfernten Städten, offenbar weil es nicht viele Anwälte gibt, die solche Mandate übernehmen. „Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus“ wird auch von Anwälten gerne zitiert, wenn es um (angebliche) Kumpanei zwischen Prozessgegner und Zeugen und Sachverständigen geht. Auf sich selbst beziehen Anwälte dies eher selten, obwohl  es oft als unkollegial gilt, gegen andere Kollegen vorzugehen. In einem demokratischen Rechtsstaat ist es allerdings bedenklich, wenn das rechtssuchende Publikum den Eindruck bekommt, alle Anwälte stecken unter einer Decke. Das ist dann falsch verstandene Kollegialität. Was also ist kollegial? Weiterlesen

Bundesverfassungsgericht maßregelt Gerichte wegen Verletzung der Meinungsfreiheit

Es ist schon ein bemerkenswerter Vorgang, wenn das Bundesverfassungsgericht in kürzester Zeit sechs Entscheidungen trifft und veröffentlicht, in denen Gerichte wegen Ihrer Entscheidungen zur Meinungsfreiheit korrigiert werden. Nach zwei sehr ähnlichen Entscheidungen vom 17.5.2016, die am 24.6. veröffentlicht wurden, folgte eine weitere am 28.6. (veröffentlicht am 9.8.) und gleich drei Entscheidungen am 29.6.2016, veröffentlicht am 2.8., 3.8. und 4.8. Vier der Aktenzeichen stammen aus 2014 die anderen aus 2015. Von den letzten 15 Pressemitteilungen, die sich mit Entscheidungen des BVerfG befassen, betreffen 5 die Meinungsfreiheit. Es fällt schwer zu glauben, dass Auswahl  und Zeitpunkt der Entscheidungen zufällig sind. Weiterlesen