Plädoyer: Strafzumessung

Dem Strafantrag der Bundesanwaltschaft habe ich im Ergebnis wenig hinzuzufügen. Dieser entspricht auch unseren Vorstellungen und denen unserer Mandanten. Lediglich beim Angeklagten Schultze halte ich aus hier bereits wiederholt dargestellten Gründen eine zur Bewährung auszusetzende Jugendstrafe für vertretbar. Nur noch zwei Bemerkungen zur Strafzumessung der Angeklagten Zschäpe.

Zum einen: Dass die Angeklagte unbelehrbar ist und bis heute keinerlei Abstand zu den von ihr mitgetragenen Taten hat, wird aus folgender Überlegung deutlich. Die Einlassung der Angeklagten ist, wie ich und andere gezeigt haben, in allen entscheidenden Punkten unwahr und erfunden. Wenn aber die Angeklagte schon eine Einlassung erfindet, dann geben Ihre Erklärungen zu Diskussionen mit Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos nicht ihre damaligen sondern ihre heutigen Auffassungen wieder. Die Angeklagte schildert also nicht die Diskussionen von damals, weil es solche gar nicht gegeben hat, sondern sie schildert eigentlich, was sie heute zu den Taten des NSU zu sagen hat. Ich hatte an verschiedenen Stellen darauf hingewiesen, wie nichtssagend diese Äußerungen sind. Es sei daher auch nur noch eine Passage aus den Antworten der Angeklagten auf Fragen des Vorsitzenden zitiert (S.15 der Antworten vom 21.1.2016):

Frage: Sie schildern ein Gespräch. Was heißt es, dass Sie stundenlang auf beide eingeredet hätten? Können Sie Einzelheiten schildern?

Mit stundenlang meine ich nicht, dass ich ununterbrochen eine Stunde oder Stunden geredet hätte. Ich meine damit, dass es mir vorkam wie stundenlang, als ich versucht hatte die beiden davon abzubringen, erneut jemanden zu töten. Es gab Unterbrechungen, bevor ich das Thema erneut ansprach. Auf mein Einreden wurden mir Sprüche entgegengehalten wie: „Einer mehr macht auch nichts mehr“ oder „Ein Ali weniger“. Meine Widersprüche wurden mit abwertenden Handbewegungen abgetan und ich habe dann irgendwann aufgegeben, Gegenargumente vorzutragen, dass ihr Handeln unmenschlich sei und zu nichts führe. Das Wort „stundenlang“ ist hier also sinnbildlich zu verstehen.

Kann man aus dieser Äußerung irgendeine inhaltliche Argumentation entnehmen außer „unmenschlich“ und „führt zu nichts? Letzteres schließt dann auch noch die Möglichkeit ein, dass es nicht so schlimm wäre wenn es zumindest zu etwas führen würde. Ich kann mir nicht vorstellen, wie man mit diesen beiden Sätzen auch nur fünf Minuten Diskussion füllt, oder wollte Frau Z. uns erklären, dass diese fünf Minuten „sinnbildlich“ für stundenlang steht. Wenn Frau Z. aber trotz des Erfindens ihrer Einlassung und auch auf Fragen des Vorsitzenden nicht einmal in der Lage ist, irgendwelche Argumente vorzutragen, so belegt das nur, dass sie nicht einmal heute den nötigen Abstand hat, um sich mit ihrer eigenen Vergangenheit und den Auffassungen von U.M. und U.B. auseinanderzusetzen und sich davon zu distanzieren.

Meine zweite Anmerkung: Das Gericht kann die besondere Schwere der Schuld feststellen, es kann aber keine Bedingungen definieren, unter denen später irgendwann einmal eine Entlassung von Frau Zschäpe möglich ist. Es steht aber fest, dass Frau Zschäpe umfangreiches Wissen über die Mordanschläge und sonstige Verbrechen hat, dieses bisher aber nicht preisgeben will. Aus meiner Sicht ist es dem Gericht nicht verwehrt im Urteil festzuhalten, dass aus Sicht des erkennenden Gerichts eine günstige Sozialprognose für eine irgendwann in ferner Zukunft anstehende Entlassung nicht gestellt werden kann, wenn Frau Zschäpe nicht den erforderlichen Abstand zu ihren Taten gewonnen hat und dass dies letztlich nur daran überprüfbar ist, wie weit sie ihr Wissen über den NSU und seine Taten auch tatsächlich preisgibt.

Unsere Mandanten, die teilweise zu Beginn des Verfahrens und während der Beweisaufnahme zur Keupstr. an den Verhandlungen teilgenommen haben, sind mittlerweile zermürbt von der Dauer des Verfahrens. Sie werden deshalb auch eigene Erklärungen nicht abgeben.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit